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Das vierte Storytelling Camp fand am 06.12.2019 im Metropolkino Stuttgart statt und wurde vom Institut für Angewandte Narrationsforschung (IANA) der HdM Stuttgart im Rahmen der Filmschau Baden-Württemberg veranstaltet. Geladen waren sechs Referentinnen, die über verschiedene Themenfelder des Storytellings berichteten. Der Tag war in zwei Themenfelder aufgegliedert, wobei sich der erste Block der Anwendung von Storytelling in Unternehmen widmete und der zweite Block dem fiktionalen Storytelling vorbehalten war.

Die erste Referentin war Dipl.-Psych. Christine Erlach, Gründerin des Beratungsunternehmens NARRATA Consult. In ihrer Arbeit setzt sie narrative Methoden in Unternehmen ein, um verborgenes Wissen zu heben und nutzbar zu machen.

Auf den Spuren des verborgenen Wissens – Wie man mit Storylistening Schätze heben kann

Sie erklärte, dass wir Menschen sogenannte Story Animals seien, denn Geschichten seien uns vertraut und der Aufbau, sowie die Kausalkette einer Erzählung sorge für einfaches Verständnis. Die Erzählungen der Mitarbeiter einer Organisation bergen viele Chancen und Risiken, denn in den Erfahrungen der Angestellten schlummern Anregungen, Wissen und Meinungen aller Art. So kann man zum Beispiel auch das „Selbstbild“ des Unternehmens über die Geschichten der Mitarbeiter definieren. Hier findet man zwei Welten vor: Das nach außen klar definierte Bild der Unternehmenshierarchie im Vergleich zu den internen Beziehungen und Geschichten der Mitarbeiter.

Meist wird das Erfahrungswissen der Mitarbeiter auch erst durch die Erzählung selbst sichtbar. In der Dialogsituation beginnt es zu wirken und dem Erzähler fallen neue Aspekte auf. Die Geschichten über Wissen, Werte und Sinn einer Organisation werden also über Storylistening gehoben, denn „Organisationen sind erzählte und erzählende Systeme“, so Erlach.

#Anton – eine Geschichte aus der IT

Die nächste Referentin, Andrea Kiesecker, ist ein sehr vielseitiger Mensch. Sie ist nicht nur SAP-Entwicklerin bei der EnBW, sondern auch Choreographin und Tänzerin. Frau Kiesecker berichtete über ein konkretes Storydoing-Projekt bei der EnBW.

In ihrem IT-Team wurde ein Workshop durchgeführt, um das Kollektiv zu stärken. Hier wurden 96 verschiedene Geschichten der Mitarbeiter aufgeschrieben, Personas erstellt und Empathy Maps aufgesetzt. Aus dieser Vielfalt tat sich dann eine gemeinsame Geschichte des Teams hervor, passend für eine der Personas, nämlich #Anton. Aus diesen Anfängen entwickelten die Kollegen eine greifbare Figur, die unterschiedliche Geschichten erzählt. Im Intranet der EnBW erfolgte viel positive Resonanz auf Videos und Bildstrecken zu #Anton, weshalb das Projekt auch weitergeführt wurde. #Anton bekam also eine Core Story und schließlich auch ein eigenes Themen- und Einsatzgebiet, nämlich Agilität und agiles Arbeiten. Beachtlich an diesem Projekt ist nicht nur, dass auch IT-Führungskräfte #Anton-Fans geworden sind, sondern dass Mitarbeiter so viel Spaß an #Anton hatten, dass sie in ihrer Freizeit an diesem Projekt weiterarbeiteten.

Die pssst… Methode. Erzählen statt präsentieren – Storytelling für alle, die etwas bewegen wollen

 Der letzte Vortrag des Vormittags wurde von Petra Sammer gehalten. Sie hat bereits drei Bücher zum Thema Storytelling verfasst und ist nach vielen Jahren der Agenturarbeit nun selbstständig tätig, um ihr Erfahrungswissen im Bereich Storytelling zu teilen. Frau Sammer berichtete davon, dass wir gerade in der Berufswelt stärker zu Informationen und Fakten tendieren würden, statt Geschichten zu erzählen. Doch reinen Fakten fehlt der Kontext, ein Zweck, und das motivatorische Momentum. Gerade der Erfahrungsabgleich und das Stellvertreterlernen durch den Helden in einer Geschichte bleiben uns hingegen nachhaltig in Erinnerung.  Für einen erfolgreichen Vortrag empfiehlt sie Storytelling. Der Redner benötige, laut Sammer, ein bisschen Technik (wie einen Beamer), eine Struktur, einen Ankerpunkt für die Geschichte und vor allem Passion. Denn wer mit Begeisterung über sein Thema erzählt, erlangt automatisch die Aufmerksamkeit des Publikums.

Wie jeder eine gute Geschichte erzählen kann

Doch viele Menschen scheuen sich vor dem Geschichten-erzählen. Die drei bekanntesten Ausreden sind: „Ich kann nicht erzählen“, „ich habe nichts zu erzählen“ und „das will doch keiner hören“. Frau Sammer hat für jedes dieser Probleme eine Lösung.

1. Jeder, der eine Passion hat, kann auch mitreißend darüber erzählen.

2. Jeder Mensch hat eine signature story, die aus dem eigenen Leben gegriffen ist und einen selbst beschreibt.

3. Wer emotional erzählt, sorgt automatisch für Immersion in seine Geschichte – so wird es auch nicht langweilig. Mit diesen drei Tipps kann also jeder eine gute Geschichte erzählen.

Damit wurde das Themengebiet Storytelling im Unternehmen abgeschlossen und die Mittagspause der Veranstaltung eingeläutet. In einem weiteren Artikel wird über den Nachmittag berichtet.

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